Die Auswertungen zum IAB-Betriebspanel 2024 stehen unter dem Rahmenthema „Betrieblicher Alltag zwischen (schmerzhaften) Kompromissen und neuen Herausforderungen in den Betrieben in Hessen“. Der diesjährige erste Report des jährlichen IAB-Betriebspanels beschäftigt sich mit der aktuellen Personalsituation in hessischen Betrieben. Dazu wurden 1.068 Betriebe befragt.
Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori hob zur Veröffentlichung hervor: „Der aktuelle Report zeigt erneut: Der Fachkräftemangel ist eine der größten Herausforderungen für unsere Wirtschaft in Hessen und bundesweit. Als Landesregierung nutzen wir alle Instrumentarien um einen gesetzlichen Rahmen zu schaffen, um das Problem schnell und nachhaltig zu lösen. Deshalb handeln wir entschlossen und fördern aktiv Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung. Es ist dabei eine große Hilfe, dass Unternehmen bereits selbst flexibel reagieren, etwa durch längere Einarbeitungszeiten und neue Wege bei Lohn und Arbeitszeit. Gemeinsam sorgen wir dafür, dass gute, sichere Stellen nicht unbesetzt bleiben.
Einstellungsrate sinkt auch im Jahr 2024
Im 1. Halbjahr 2024 wurden in knapp einem Drittel der Betriebe in Hessen neue Arbeitskräfte eingestellt. Nach einem längerfristigen Aufwärtstrend brach die Einstellungsrate im ersten Jahr der Corona-Pandemie in 2020 deutlich ein, erholte sich aber anschließend bis zum Jahr 2022. Seitdem ist sie das zweite Jahr in Folge rückläufig und lag für das 1. Halbjahr 2024 bei 6,2 Prozent. Dabei traten hochgerechnet rund 212.000 Personen in ein neues Beschäftigungsverhältnis ein. Gewohnt hohe Einstellungsraten fanden sich in den Dienstleistungssektoren (Wirtschaftsnahe und Wissenschaftliche Dienstleistungen: 8,9 Prozent; Sonstige Dienstleistungen: 6,7 Prozent) sowie in den mittelgroßen Betrieben (7,2 Prozent) und Kleinbetrieben (6,5 Prozent). Vergleichsweise niedrige Einstellungsraten ließen sich im Verarbeitenden Gewerbe (3,6 Prozent) und in der Öffentlichen Verwaltung bzw. in den Organisationen ohne Erwerbszweck (4,2 Prozent) beobachten.
Nicht-Besetzungsquote von Fachkraftstellen erreicht neuen Höchstwert
Zwar steigt der Anteil von qualifizierten Tätigkeiten bei Neueinstellungen – 60 Prozent der Neueinstellungen betrafen qualifizierte Tätigkeiten. Gleichwohl waren im ersten Halbjahr des Jahres 2024 rund 88.000 der angebotenen Stellen für qualifizierte Tätigkeiten noch unbesetzt; damit stieg die Nicht-Besetzungsquote im Vergleich zum Vorjahr um 1 Prozent auf 41 Prozent. Am meisten von Nichtbesetzung qualifizierter Tätigkeiten war das Baugewerbe betroffen, wo 66 Prozent der qualifizierten Tätigkeiten nicht besetzt sind, gefolgt von wirtschaftsnahen und wissenschaftlichen Dienstleistungen mit 51 Prozent, Handel und Reparatur mit 42 Prozent, verarbeitendes Gewerbe mit 33 Prozent und sonstige Dienstleistungen mit 32 Prozent. Die geringsten Schwierigkeiten hat die öffentliche Verwaltung, wo nur rund ein Fünftel (22 Prozent) der Stellen für qualifizierte Tätigkeiten unbesetzt sind.
Erhöhter Einarbeitungsaufwand ist häufigster Kompromiss bei Fachkräfterekrutierung
Nur rund die Hälfte der Betriebe (48 Prozent) gab an, keine Kompromisse bei der Rekrutierung gemacht zu haben. Wo Kompromisse gemacht wurden, dort stellte, außer im Wirtschaftszweig Sonstige Dienstleistungen, der erhöhte Einarbeitungsaufwand wirtschaftszweigübergreifend die von den meisten Betrieben gewählte Kompromisslösung bei der Fachkräfterekrutierung dar.
Ein knappes Viertel veränderte die Ansprüche an fachliche Qualifikationen. Etwa jeder fünfte Betrieb machte Kompromisse bei einer angepassten Vergütung, Arbeitszeit, Sprachkenntnissen und erhöhtem Weiterbildungsbedarf. Wichtig bleiben den Betrieben soziale Kompetenzen und die Gesundheit ihrer Beschäftigten. Hier zeigen sich die Betriebe wenig kompromissbereit.
Fachkräfteengpässe werden am häufigsten von Betrieben des Baugewerbes erwartet
Schwierigkeiten bei der Gewinnung von Fachkräften ordneten Betriebe aller Wirtschaftszweige als die zentrale personalpolitische Herausforderung in den Jahren 2025 und 2026 ein. Fast drei Viertel der Betriebe im Baugewerbe (73 Prozent) erwarten Schwierigkeiten bei der Gewinnung von Fachkräften. In Handels- und Reparaturbetrieben rechnen 65 Prozent der Betriebe, im Verarbeitenden Gewerbe 60 Prozent, in den sonstigen Dienstleistungen 59 Prozent, in den wirtschaftsnahen und wissenschaftlichen Dienstleistungsbetrieben 53 Prozent und in der öffentlichen Verwaltung 44 Prozent mit Schwierigkeiten bei der Fachkräftegewinnung.
Hintergrundinformationen
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) lässt seit 1993 jährlich Betriebe im Rahmen des IAB-Betriebspanels durch das Marktforschungsinstitut Verian Group (ehemals Kantar Public) befragen. Die Auswertung für Hessen erfolgt durch das Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Gefördert werden die hessischen Zusatzauswertungen von der Europäischen Union und aus Mitteln des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum sowie der Bundesagentur für Arbeit.